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Konni

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Widder

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Freitag, 16. Mai 2008, 14:09

Verwendung von Körnerfutter als Einstreumaterial für Vogelkäfige im Rahmen von Vogelausstellungen und Vogelbörsen

Gutachterliche Stellungsnahme im Auftrag des Bundesverbandes für fachgerechten Natur- und Artenschutz e.V. (BNA), Hambrücken

Die Haltung und Zucht von Ziervögeln erfreut sich in der Bevölkerung großer Beliebtheit. Insbesondere Vertreter aus den Ordnungen Psittaciformes (Papageien und Sittiche) sowie Passeriformes (Sperlingsvögel, insbesondere Finken der Familie Carduelidae sowie Prachtfinken der Familie Estrildidae) werden alljährlich in großer Zahl vermehrt bzw. nach bestimmten Gesichtspunkten (Größe, Gefiederfärbung etc.) gezüchtet.
Die Ergebnisse der Vermehrungs- bzw. Zuchtbemühungen werden im Rahmen regionaler und überregionaler Vogelausstellungen präsentiert und nach bestimmten Kriterien bewertet. Überzählige Nachkommen bzw. Zuchttiere werden auf Vogelbörsen, die zum Teil parallel zu, häufig aber auch unabhängig von Vogelausstellungen durchgeführt werden, dem interessierten Publikum zum Verkauf oder Tausch angeboten.
Für die Durchführung von Vogelausstellungen und Vogelbörsen wurden sowohl verbandsintern als auch von Tierschutzorganisationen1 Richtlinien erstellt, die einen tierschutzgerechten Verlauf solcher Veranstaltungen gewährleisten sollen. Im Hinblick auf Vogelbörsen wurden zu diesem Zweck darüber hinaus vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Leitlinien zur Ausrichtung von Tierbörsen unter Tierschutzgesichtspunkten erstellt.2

Um die ausgestellten bzw. angebotenen körnerfressenden Vögel für die Dauer der Vogelausstellung bzw. Vogelbörse hinreichend mit Futter zu versorgen, ist es üblich, den Boden des Präsentationskäfigs mit einer bodendeckenden Schicht aus Körnerfutter zu bedecken, dass hinsichtlich seiner Zusammensetzung an die spezifischen Ansprüche der jeweiligen Vogelart angepasst ist.
Diese Praxis wird unter Tierschutzaspekten wie auch unter tierhygienischen Gesichtspunkten unterschiedlich bewertet.
Kritiker monieren, dass der Vogel dadurch kotverschmutztes Futter aufnehmen könnte, was aus hygienischen Gründen abzulehnen sei. Entsprechende Passagen finden sich beispielsweise in den BML-Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien3 und Kleinvögeln4. In den BMELV-Leitlinien zur Ausrichtung von Tierbörsen unter Tierschutzgesichtspunkten wird darauf hingewiesen, dass die Verwendung von Futter als Einstreu bei verschiedenen Vogelarten häufig praktiziert wird, allerdings in Fachkreisen aus Gründen des Tierschutzes und der Tierhygiene umstritten ist.
Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. empfiehlt hingegen in ihren Richtlinien für Vogelbörsen (TVT-Merkblatt Nr. 67) explizit die Verwendung von Futter als Einstreu bei der Präsentation von kleinbleibenden Papageienvögeln und Finken.
Nach Ansicht von Rietze (1995)5 resultiert die Ablehnung von Körnerfutter als Einstreumaterial aus einem rein theoretischen Hygieneverständnis.
Aufgrund langjähriger Erfahrungen in der amtstierärztlichen Beaufsichtigung großer Vogelausstellungen sei die genannte Praxis nicht zu beanstanden, da die Ausstellungskäfige immer sauber seien, weil der Kot der Vögel aufgrund der dicken Einstreuschicht alsbald von Einstreu umhüllt werde. Aufgrund des Futterüberangebots innerhalb des Käfigs bestünde auch keine Notwendigkeit seitens des Vogels, kotverschmutztes Futter aufzunehmen. Nicht zuletzt würden Vögel auch Futter aufnehmen, dass zwar in Näpfen gereicht wurde, nachfolgend aber beim Fressen vom Vogel auf den Boden geschleudert wurde.

Aus gutachterlicher Sicht kann diese Einschätzung hinsichtlich der Verwendung von Körnerfutter als Einstreumaterial vollumfänglich bestätigt werden. Darüber hinaus spricht eine Vielzahl weiterer Gründe für diese Verfahrensweise:


Nach § 2 des Tierschutzgesetzes6 muss derjenige, welcher ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.
Kronberger7 (1978) verweist darauf, dass Vögel durchaus bei Angebot von prinzipiell geeignetem, aber unbekanntem Futter verhungern können, da sie mitunter beharrlich an ihren Nahrungsgewohnheiten festhalten. Unterschiede in der Konfektionierung des Futters können daher zu gesundheitlichen Problemen führen. Bei einer Verwendung von Körnerfutter als Einstreu ist der Vogel hingegen vom Transport an hinreichend mit dem Futter versorgt, an das er seit geraumer Zeit gewöhnt ist.

Im Gegensatz zu beispielsweise Hühner- und Taubenvögeln entspelzen körnerfressende Papageienvögel sowie Finken und Prachtfinken die als Futter angebotenen Sämereien vor dem Verzehr.
Die dabei entfernten Samenschalen fallen bei der Darreichung des Futters in Behältnissen zurück in die Näpfe und können bei kleinen Futternäpfen relativ bald das Futter als geschlossene Schicht überdecken.
Gleiches gilt bei der Verwendung von Futter spendenden Vorratsbehältern oder Außennäpfen.
Da weder Papageienvögel noch Finken und Prachtfinken nennenswert im Futter scharren oder mit dem Schnabel graben, ist den Tieren der Zugang zum Futter damit verwehrt, wodurch die Vögel in vergleichsweise kurzer Zeit erheblichen Schaden nehmen können. So ist damit zu rechnen, dass kleinere Prachtfinken wie beispielsweise Zebrafinken (Taeniopygia guttata) nach etwa 24 h, Wellensittiche (Melopsittacus undulatus) nach ca. 48 h ohne Nahrungsaufnahme verhungern.
Wird das Körnerfutter hingegen in flachen Schalen mit relativ großer Grundfläche angeboten, erfolgt auch hier eine Verkotung des Futters, wobei der Vogel aufgrund der geringen Dicke der Futterschicht ungehinderten Zugang zu den Ausscheidungen hat.

Bewegungsaktivitäten der Vögel im Ausstellungskäfig führen erfahrungsgemäß letztendlich dazu, dass der Kot relativ schnell von einer Einstreuhülle umgeben und in die Einstreu eingearbeitet wird, wodurch die Vögel keinen Kontakt mehr zu den Exkrementen haben. Die Käfighygiene kann daher für den zeitlich begrenzten Aufenthalt der Vögel im Ausstellungskäfig (maximal 96 h) als gewährleistet angesehen werden.

Im Rahmen von Ausstellungen werden Ziervögel in der Regel in genormten Ausstellungskäfigen präsentiert.
Gemäß den BMELV-Leitlinien zur Ausrichtung von Tierbörsen unter Tierschutzgesichtspunkten sollen die Käfigmindestgrößen (Käfiginnenmaße; Länge x Breite x Höhe) für Vögel bis zur Größe von Wellensittichen, Agaporniden, Neophemen: 34 x 16x 29 cm; für Vögel bis zur Größe von Rosellasittichen oder Mohrenkopfpapageien: 45 x 22 x 38 cm; für kurzschwänzige Papageienarten, die größer als Mohrenkopfpapageien und kleiner als Graupapageien sind, sowie langschwänzige Psittaciden bis zur Größe eines Halsbandsittichs (Gesamtlänge Halsbandsittich ca. 40 cm): 49 x 22 x 44 cm; kurzschwänzige Papageienarten und langschwänzige Psittaciden bis zur Größe eines Königssittichs (Gesamtlänge Königssittich ca. 45 cm): 60 x 28 x 59 cm betragen. Diese Maße werden beispielsweise von den AZ-Ausstellungskäfigen der Typen 0, I, II bzw. III sowie entsprechenden Ausstellungskäfigen erfüllt.
Derartige Käfige sind bis auf die mit einem Drahtgitter versehene Vorderseite allseitig blickdicht geschlossen.
Es dürfen grundsätzlich maximal zwei untereinander verträgliche Vögel gemeinsam in einem Käfig präsentiert werden.
Käfige, die diese Bedingungen nicht erfüllen (z. B. bestimmte Ausstellungskäfige für Positurkanarienvögel) oder stärker besetzte Ausstellungskäfige (Teamkäfige) sind hingegen aus den bereits von Rietze (1995) formulierten Gründen im Rahmen von Vogelausstellungen und Vogelbörsen abzulehnen.
Bauartbedingt sind Infektionsmöglichkeiten durch kotverschmutztes Futter, dass von in benachbarten Käfigen entsprechenden Typs untergebrachten Vögel aus dem Käfig geschleudert wurde, damit so gut wie ausgeschlossen. Sollte ein Vogel Krankheitserreger mit dem Kot ausscheiden, kann er sich daher lediglich selbst bzw. bei maximaler Besatzdichte den Partnervogel infizieren.
Insofern ist zu fordern, dass nur klinisch gesunde Vögel auf Ausstellungen und Börsen präsentiert werden und der Vogelbestand regelmäßig auf Krankheitserreger sowie Endo- und Ektoparasiten kontrolliert wird. Futter, das im Rahmen von Ausstellungen und Börsen als Einstreu verwendet wurde, darf allerdings aus hygienischen Gründen weder im Bestand noch als Streufutter für Wildvögel verwendet werden, sondern ist nach Ende des Transportes der Vögel zu entsorgen.


Abschließend betrachtet überwiegen daher unter den Gesichtspunkten eines angewandten Tierschutzes aus gutachterlicher Sicht die Vorteile der Verwendung von Körnerfutter als Käfigeinstreu im Rahmen von Vogelausstellungen und Vogelbörsen bei weitem die überwiegend durch praxisferne Hygienevorstellungen geprägten Vorbehalte gegenüber dieser Verfahrensweise.


Leipzig, 16. November 2007 PD Dr. T. Bartels
Veterinärmedizinische Fakultät
Klinik für Vögel und Reptilien
An den Tierkliniken 17
D-04103 Leipzig
bartels@vogelklinik.uni-leipzig.de